Grundlagen
Rechtsmittel
Allgemeines
Der tägliche Schulbetrieb verlangt in verschiedenen Situationen Anordnungen der Lehrpersonen und der Schulleitung sowie Entscheide der Schulpflege. Wo es um die Beurteilung von Menschen und ihren Handlungen und um pädagogische, psychologische und zwischenmenschliche Aspekte geht, ist der Ermessensspielraum gross. Natürlich kann es vorkommen, dass Entscheide umstritten, diskutabel, zweifelhaft oder gar rechtswidrig sind. Eltern, aber auch Lehrpersonen als Angestellte können sich gegen unrichtige (oder vermeintlich unrichtige) Entscheide und Amtshandlungen wehren und sie von einer übergeordneten Stelle überprüfen und nötigenfalls korrigieren lassen.
Die Möglichkeiten, die zur Verfügung stehen, um sich zur Wehr zu setzen, nennt man Rechtsmittel. Wie sie ausgestaltet und zu behandeln sind, ist in erster Linie im Verwaltungsrechtspflegegesetz (VRG, LS 175.2) geregelt. Im Kanton Zürich kennt man als «vollständige» Rechtsmittel den Rekurs und die Einsprache. Die Aufsichtsbeschwerde und das Wiedererwägungsgesuch sind «unvollständige» Rechtsmittel, sogenannte Rechtsbehelfe, die weniger wirksam sind und nur eingesetzt werden, wenn kein vollständiges Rechtsmittel gegeben ist. Weiter sind noch die Beschwerde und die Klage ans Verwaltungsgericht zu erwähnen. Alle genannten Rechtsmittel beziehen sich nur auf öffentlich-rechtliche Angelegenheiten. Über privatrechtliche Streitigkeiten entscheiden die Zivilgerichte.
Rechtsweg innerhalb der Gemeinde
Wer mit Anordnungen oder Verhalten der Lehrperson oder anderer Mitarbeitender der Schule nicht einverstanden ist, kann sich an die Schulleitung wenden. Lässt sich keine einvernehmliche Lösung zwischen den Beteiligten finden oder trifft die Schulleitung eine Anordnung, mit welcher die Betroffenen nicht einverstanden sind, kann von der Schulpflege ein Entscheid verlangt werden.
Anordnungen der Schulleitung, der Leitung Bildung, von unterstellten Kommissionen oder Gemeindeangestellten
Anordnungen der Schulleitungen, der Leitung Bildung, von unterstellten Kommissionen oder Gemeindeangestellten müssen schriftlich erfolgen, aber nicht schriftlich begründet werden. Sie erwachsen in Rechtskraft, wenn nicht innert zehn Tagen ein Entscheid der Schulpflege verlangt wird. Deshalb müssen sie den Hinweis enthalten, dass innert zehn Tagen schriftlich eine Neubeurteilung durch die Schulpflege verlangt werden kann (§§ 74 Abs. 1 VSG und 75 VSV). Der Weiterzug von Entscheidungen der Schulleitungen an die Schulpflege wird nicht als Rekurs bezeichnet.
Die Schulpflege entscheidet in der Regel innerhalb von 30 Tagen nach Eingang des Begehrens (§ 74 Abs. 2 VSG).
Entscheide von Ausschüssen und Mitgliedern der Schulpflege
Werden Aufgaben von Behörden zur selbständigen Erledigung auf Mitglieder oder Ausschüsse der Behörde übertragen, kann gemäss Gemeindegesetz eine Neubeurteilung durch die Gesamtbehörde verlangt werden (§ 170 Abs. 1 GG).
Dies gilt im Bereich der Volksschule nur für Erlasse, da das Volksschulgesetz seit 1. Januar 2021 eine eigene Regelung dazu enthält.
Hat die Schulpflege einzelnen Mitgliedern oder Ausschüssen aus ihrer Mitte in einem Behördenerlass Aufgaben zur selbständigen und abschliessenden Erledigung übertragen, können deren Anordnungen direkt mit Rekurs beim Bezirksrat bzw. bei der Bildungsdirektion angefochten werden (§ 75 Abs. 1 VSG).
Entscheide der Schulpflege (Verfügungen, Beschlüsse, Anordnungen)
Verfügungen erfolgen schriftlich. Schriftliche Anordnungen sind zu begründen und mit einer Rechtsmittelbelehrung zu versehen (§ 10 Abs. 1 VRG, § 75 Abs. 3 VSV).
Beispiel einer Rechtsmittelbelehrung für den Weiterzug an den Bezirksrat:
Gegen diese Verfügung/diesen Beschluss kann innert 30 Tagen seit der Mitteilung schriftlich und unter Beilage einer Kopie dieses Entscheids beim Bezirksrat (Adresse nennen) Rekurs eingereicht werden. In der Rekursschrift sind die Rekursanträge zu stellen und zu begründen. Mit dem Rekurs können alle Mängel des Verfahrens und der angefochtenen Verfügung/des angefochtenen Beschlusses geltend gemacht werden.
Die Schulpflege oder deren Ausschüsse bzw. Mitglieder können auf die Begründung eines Entscheides verzichten, wenn den Begehren der Verfahrensbeteiligten vollständig entsprochen wird oder wenn sie die Gelegenheit geben, innert zehn Tagen eine Begründung zu verlangen oder wenn sie die Einsprachemöglichkeit an die Schulpflege (innert 30 Tagen) offen lassen. Dies kann zweckmässig sein, wenn ein Entscheid möglichst rasch mitgeteilt werden muss (z.B. Schülerzuteilungen) oder wenn kein Rechtsmittel zu erwarten ist (z.B. Anstellungsverfügungen).
Beispiel: Bei Massenanordnungen (z.B. Schülerzuteilungen) der Schulpflege oder von Ausschüssen bzw. Mitgliedern kann auf die Begründung der Anordnung verzichtet werden, wenn den Betroffenen angezeigt wird, dass sie innert zehn Tagen einen begründeten Entscheid der Schulpflege verlangen können (vgl. § 10 a VRG). So hat die Schulpflege wie bisher die Möglichkeit, die Eltern anzuhören und kann damit eine hohe Anzahl Rekurse vermeiden.
Entscheide der Schulpflege können mit Rekurs angefochten werden.
Rekurs
Der Rekurs ist in den §§ 19 ff. VRG geregelt:
Legitimation
Zum Rekurs ist berechtigt, wer durch eine Anordnung berührt ist und ein schutzwürdiges Interesse an deren Aufhebung oder Änderung hat.
Form und Inhalt
Ein Rekurs ist bei der Rekursinstanz schriftlich einzureichen. Die Rekursschrift muss einen Antrag und dessen Begründung enthalten. Der angefochtene Entscheid ist beizulegen. Die Beweismittel sollen genau bezeichnet und soweit als möglich beigelegt werden.
Frist
Die ordentliche Rekursfrist beträgt 30 Tage. Bei besonderer Dringlichkeit kann die anordnende Behörde die Rekursfrist bis auf fünf Tage abkürzen. Die Dringlichkeit muss im Entscheid kurz begründet werden. Die Frist beginnt am Tag nach dem Empfang des Entscheides zu laufen und endet mit der Postaufgabe (Poststempel). Eine gesetzliche Frist kann nicht erstreckt werden.
Nicht rechtzeitig eingereichte Rekurse dürfen nicht mehr als solche behandelt werden, evtl. noch als Aufsichtsbeschwerden.
Aufschiebende Wirkung
Dem Lauf der Rekursfrist und der Einreichung des Rekurses kommt aufschiebende Wirkung zu, d.h. ein Entscheid wird erst nach deren Ablauf rechtskräftig. Keine aufschiebende Wirkung besteht bei einer Kündigung oder Freistellung.
Die anordnende Instanz kann aus besonderen Gründen gegenteilige Anordnungen treffen, also beispielsweise einem Entscheid die aufschiebende Wirkung mit einer Begründung entziehen.
Rekursinstanzen
Normalerweise ist bei Anordnungen der Schulpflege der Bezirksrat als Aufsichtsbehörde über die Gemeinden erste Rekursinstanz, auch bei personalrechtlichen Anordnungen gegen kommunal angestellte Lehrpersonen oder weitere Mitarbeitende (§ 75 Abs. 1 VSG).
Hingegen ist bei Anordnungen, welche das Arbeitsverhältnis von kantonal angestellten Lehrpersonen und Schulleitern betreffen, die Bildungsdirektion zuständig, seien die Anordnungen von der Schulpflege oder vom Volksschulamt getroffen worden (§ 10 LPG).
Die angegangene Behörde prüft zuerst ihre Zuständigkeit. Rekurse an die falsche Instanz werden an die richtige weitergeleitet. Die Rekursfrist gilt trotzdem als eingehalten.
Rekursverfahren
Geht ein Rekurs gegen einen Beschluss der Schulpflege ein, erhält diese Gelegenheit, dazu innert einer angegebenen Frist eine Stellungnahme abzugeben. Wurde die Rekursfrist abgekürzt, wird die Vernehmlassungsfrist entsprechend abgekürzt. Je nach Gegenstand des Rekurses zieht die Schulpflege für die Stellungnahme die verantwortliche Lehrperson oder die Schulleitung bei.
Die Behörden sind zur beförderlichen Erledigung angehalten. Die Schulferien dürfen das Verfahren nicht verzögern. Rekursentscheide sind innerhalb von 60 Tagen seit Abschluss der Sachverhaltsermittlung zu fällen.
Beschwerde ans Verwaltungsgericht
Wer mit dem Entscheid der ersten Rekursinstanz (Bezirksrat, Bildungsdirektion) nicht einverstanden ist, kann ihn ans Verwaltungsgericht weiterziehen (§ 75 Abs. 2 VSG). Der Weiterzug ans Verwaltungsgericht heisst «Beschwerde».
Achtung: Das Verwaltungsgericht kennt Gerichtsferien, und zwar vom 15.7. bis 15.8., vom 18.12. bis 2.1. und vom 7. Tag vor Ostern bis 7. Tag nach Ostern. In dieser Zeit steht der Fristenlauf still.
Instanzenzug für Rekurse in schulrechtlichen Fällen
Instanzenzug für Rekurse in personalrechtlichen Fällen
Aufsichtsbeschwerde
Mit einer Aufsichtsbeschwerde (auch Aufsichtsanzeige genannt) wird veranlasst, dass eine hierarchisch übergeordnete Behörde das Handeln der unteren Behörde überprüft. Für Aufsichtsbeschwerden gegen Gemeinden ist im Allgemeinen der Bezirksrat, für die im Volksschulgesetz geregelten Sachbereichen das Volksschulamt zuständig (§ 73 VSG).
Die Aufsichtsbeschwerde ist im Verwaltungsrechtspflegegesetz (VRG) nicht geregelt, d.h. es gibt keine einzuhaltenden Fristen oder formellen Vorgaben. In der Praxis werden sämtliche Aufsichtsbeschwerden behandelt, und den Anzeigeerstattenden wird die Erledigung mitgeteilt. Sofern die Aufsichtsbeschwerde nicht offensichtlich aussichtslos oder querulatorisch erscheint, wird eine Stellungnahme beim Aufsichtsbeschwerdegegner eingeholt oder werden zumindest die Akten beigezogen.