Bildungsdirektion
Volksschulamt

Grundlagen

Kleine Rechtskunde

Stellung des Schulrechts im Rechtssystem

Das Rechtssystem lässt sich in zwei Gebiete aufteilen, öffentliches Recht und Privatrecht. Das Schulrecht ist ein Teilgebiet des so genannten Verwaltungsrechts und gehört zum öffentlichen Recht.

Öffentliches Recht

Das öffentliche Recht regelt hoheitliche Rechtsverhältnisse zwischen dem Staat und den einzelnen Bürgern:

Staat ⇔ Bürger/in

Der Bürger hat die Rechtsnormen (= Regeln, Verhaltensvorschriften) und Anweisungen der staatlichen Organe zu befolgen. Gleichzeitig werden ihm auch bestimmte Rechte zugesprochen.

Beispiel:
Das Steuergesetz verpflichtet den Bürger, seine Einkünfte zu deklarieren und Steuern zu entrichten. Die Höhe wird durch die Gesetzgebung bestimmt und nicht durch den freien Willen des Bürgers. Dafür hat er auch das Recht auf die gesetzlich vorgesehenen Steuerabzüge.

Privatrecht

Das Privatrecht (Zivilrecht) regelt Rechtsverhältnisse zwischen den natürlichen Personen:

Person A ⇔ Person B

Die Personen sind in der Regel gleichgestellt und können diese Verhältnisse im Rahmen des Gesetzes frei gestalten.

Beispiel:
A verkauft B ein Fahrrad. Die Parteien sind frei, den Kaufpreis auszuhandeln und den Vertrag mündlich oder schriftlich abzuschliessen.

Hierarchie der Rechtserlasse

Die Normen der staatlichen Rechtsordnung stehen nicht ungeordnet nebeneinander, sondern auf verschiedenen Ebenen und Stufen in einer Rangordnung. Zum einen unterscheiden wir zwischen den Ebenen Bund – Kanton – Gemeinde, zum anderen zwischen den Stufen Verfassung – Gesetz – Verordnung – Reglement. Rechtsnormen einer höheren Stufe werden auch durch eine höhere Instanz erlassen (Volk – Kantonsrat – Regierungsrat – Bildungsrat).

Es gilt der Grundsatz:

«Bundesrecht bricht kantonales Recht», «Kantonales Recht bricht kommunales Recht».

Untergeordnete Rechtserlasse dürfen übergeordneten Erlassen nicht widersprechen. Widersprechen sie sich dennoch, hat der übergeordnete Erlass Vorrang. Widersprechen sich Erlasse auf derselben Stufe, geht der neuere oder der für einen speziellen Bereich erlassene vor.

Wichtige Normen mit grundlegenden Inhalten werden in der Form eines Gesetzes erlassen, weniger wichtige Normen als Verordnungen oder Reglemente. Erlasse auf einer niedriegeren Stufe regeln oft Einzelheiten. Sie sind flexibler, da sie verfahrensmässig einfacher und kurzfristiger geändert werden können.

Beispiel
In der Gemeinde X wird die 3. Sportstunde im Winter als Schwimmen im Hallenbad abgehalten. Den reduzierten Eintritt von Fr. 1.– haben die Schülerinnen und Schüler gemäss Tarifordnung der Schulgemeinde mitzubringen.

Die Regelung der Tarifordnung im Beispiel widerspricht dem verfassungsmässigen Anspruch auf Unentgeltlichkeit des Unterrichts und damit übergeordnetem Recht. Somit hat sie keine Geltung.

«Erlass» nennt man eine Sammlung von Normen, die ein Sachgebiet umfassend regeln (z.B. Strassenverkehrsgesetz, Volksschulgesetz, Geschäftsordnung der Schulpflege).

Die Rechtssätze sind in Artikel (Art.) oder Paragrafen (§§) unterteilt, diese wiederum in Absätze (Abs.).
Schreibweise: § 10 Abs. 2 VSG.
Zitierweise: Paragraf 10, Absatz 2 Volksschulgesetz.

Gebräuchliche Abkürzungen im zürcherischen Schulwesen

Die Rechtsquellen des zürcherischen Schulrechts

Bundesrecht

Die Bundesverfassung (BV) erklärt die Kantone als zuständig für das Schulwesen (Art. 62), was den schweizerischen Schulföderalismus mit 26 verschiedenen Schulgesetzen zur Folge hat. Allerdings überlässt der Bund das Feld nicht vollständig den Kantonen, sondern stellt einige verpflichtende Grundsätze für die Schule auf, quasi als Minimalansprüche, und deklariert Grundrechte, die z.T. nicht nur für die Schule Gültigkeit haben. Dazu kommen noch die Grundsätze des rechtsstaatlichen Handelns. Die Vielfalt der schweizerischen Schullandschaft auszugleichen und die Schulsysteme und ihre Entwicklung zu koordinieren, ist eine Aufgabe der Schweizerischen Erziehungsdirektorenkonferenz (EDK) im Rahmen des Schweizerischen Schulkonkordates. Diesem Vertrag zwischen Kantonen, der sie verpflichtet, im Schulwesen zusammenzuarbeiten, ist 1971 auch der Kanton Zürich mit Volksabstimmung beigetreten. Im Zuge dieser Zusammenarbeit ist auch das Harmos-Konkordat zustande gekommen, dem der Kanton Zürich am 1. August 2009 beigetreten ist. Das Konkordat ist seit diesem Tag in Kraft.

Grundsätze der Bundesverfassung für die Volksschule
Grundrechte der Bundesverfassung, z.T. in der Kantonsverfassung (KV) wiederholt
BV Art. 35 Verwirklichung der Grundrechte

«Die Grundrechte müssen in der ganzen Rechtsordnung zur Geltung kommen. Wer staatliche Aufgaben wahrnimmt, ist an die Grundrechte gebunden und verpflichtet, zu ihrer Verwirklichung beizutragen.»
Grundsätze des staatlichen Handelns

Die rechtsstaatlichen Grundsätze des Verwaltungsrechts:

BV Art. 5. Grundsätze rechtsstaatlichen Handelns

«Grundlage und Schranke staatlichen Handelns ist das Recht. Staatliches Handeln muss im öffentlichen Interesse liegen und verhältnismässig sein. Staatliche Organe und Private handeln nach Treu und Glauben. Bund und Kantone beachten das Völkerrecht.»

Kantonales Recht

Die meisten Rechtsnormen für die Volksschule finden sich im kantonalen Recht. Sie wurden mit der Einführung des neuen Volksschulgesetzes stark verändert und werden auch künftig Anpassungen erfahren. Die Offizielle Gesetzessammlung (OS) des Kantons Zürich (www.zh.lex.ch) gibt Auskunft über den aktuellen Stand der Gesetzgebung und die Homepage des Volksschulamtes (www.vsa.zh.ch) zudem über geplante Revisionen.
Hinweise für die Praxis

Die wichtigsten kantonalen Erlasse zur Volksschule sind zurzeit:

Zum Lehrpersonalrecht gibt die Bildungsdirektion eine regelmässig nachgeführte Sammlung der einschlägigen Erlasse in gedruckter Form heraus.

Kommunales Recht

Das kantonale Schulrecht ist relativ umfassend, aber nicht abschliessend geregelt. Es hat Lücken oder überlässt es an einigen Stellen ausdrücklich der Gemeinde, eine Materie zu regeln (z.B. § 55 VSG: Das Organisationsstatut regelt die Mitwirkung der Eltern). Wo der Kanton nicht reglementiert, kann die Gemeinde eigene Vorschriften erlassen, soweit diese nicht kantonalem Recht widersprechen. Die Bildungsdirektion gibt Empfehlungen und Handreichungen ab. Die Verwaltungsstruktur bestimmt die Schulgemeinde bzw. bei Einheitsgemeinden die politische Gemeinde im Rahmen des Gemeindegesetzes selbst (Gemeindeautonomie). Die Gemeindeordnung ist gleichsam «Verfassung oder Gesetz» der Gemeinde. Eine Geschäftsordnung und ein Organisationsstatut für die Kompetenzzuweisung in der Schule (§ 41 a VSG) gibt sich die Gemeinde selbst.
Schulträger, ihre Organe und Instrumente

Die gebräuchlichen Erlasse einer Schulgemeinde (Abkürzung) und die in der Regel zuständige Instanz:
Gemeindeordnung GO Stimmberechtigte an der Urne
Personal- bzw. Besoldungs-Verordnung PVO/BVO Gemeindeversammlung (GV)
Geschäftsordnung Gesch.O Schulpflege
Organisationsstatut OrgSt. Schulpflege
Reglemente Regl. Schulpflege/Schulkonferenz
Schulprogramm SchP Schulkonferenz, Genehmigung: Schulpflege

Ermessen, Praxis und Rechtsprechung

Die Rechtsordnung darf nicht versuchen, für jeden Einzelfall einen genau zutreffenden Rechtssatz bereitzuhalten. Wollte man alles regeln, würden die Rechtserlasse unendlich umfangreich und auch zu starr und unflexibel. Die Rechtsordnung gibt deshalb an vielen Stellen allgemeine Richtlinien, einen Rahmen oder Grundsätze und eine Kompetenznorm mit einem Entscheidungsspielraum für den konkreten Einzelfall. Dies ist oft wie folgt formuliert: Die Schulpflege kann «in besonderen Fällen», «aus wichtigen Gründen», «unter Berücksichtigung der Umstände», «ausnahmsweise» usw. Diesen Spielraum nennt man den Ermessensspielraum. Damit will der Gesetzgeber die Gelegenheit geben, möglichst jedem Einzelfall gerecht zu werden. Die Behörde hat das Ermessen im Rahmen des Gesetzes pflichtgemäss, d.h. nach sachlichen und vernünftigen Kriterien und gerecht auszuüben. Wenn sie dies nicht tut, spricht man je nachdem von Ermessensmissbrauch, Ermessensüber- oder -unterschreitung oder von Willkür. Solche Fehler der Behörden können von den Betroffenen in einem Rechtsmittelverfahren geltend gemacht werden. Es kommt vor, dass einzelne Entscheide, die umstritten sind, an die Oberbehörden oder ans Verwaltungsgericht weitergezogen und dort entschieden werden. Wenn dabei kontroverse Rechtsfragen zur Wahrung der Rechtseinheit entschieden werden, insbesondere beim Verwaltungsgericht, dienen solche Entscheide auch als Rechtsquelle und Präjudiz für spätere ähnliche Fälle.

Gesetzessammlung

Rechtserlasse zum Personalrecht der Volksschule, Separatdruck Kantonale Drucksachen- und Materialzentrale (KDMZ). Bezug KDMZ, Räffelstrasse 32, Postfach, 8090 Zürich

Rechtsgrundlagen auf einen Blick

Weiterführende Informationen

Ulrich Häfelin, Georg Müller, Felix Uhlmann: Allgemeines Verwaltungsrecht. Zürich/St. Gallen: Dike Verlag AG, 2016

Pierrre Tschannen, Ulrich Zimmerli, Markus Müller: Allgemeines Verwaltungsrecht. Bern: Stämpfli Verlag AG, 2014

Tobias Jaag, Markus Rüssli: Staat- und Verwaltungsrecht des Kantons Zürich. Zürich: Schulthess Juristische Medien AG, 2012

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