Hintergrund
Kompetenzabgrenzung Eltern - Schule
Die Schulbehörden und Lehrpersonen einerseits und die Eltern und Erziehungsverantwortlichen andererseits arbeiten zum Wohle des Kindes partnerschaftlich zusammen. Voraussetzung für eine solide Zusammenarbeit ist, dass alle Beteiligten vorerst ihre eigenen Pflichten und Rechte und die der Partner kennen. Sie müssen wissen, was sie selbst zu leisten haben, was sie von den Partnern fordern dürfen und wo vorab der gute Wille und das gegenseitige Verständnis und Wohlwollen leitend sind. → Elternmitwirkung
Grundlagen – Ausgangslage
Eltern und Schule haben je ihren eigenen Aufgabenbereich, für den sie primär zuständig sind und der gesetzlich auf den Art. 301, 302 und 303 ZGB sowie auf den §§ 2 und 54-57 VSG beruht. Die elterliche Sorge (früher «elterliche Gewalt») umfasst alle Rechte und Pflichten aus dem Kindesverhältnis, d.h. die umfassende Verpflichtung, das Kind in Obhut zu halten, es zu ernähren, zu kleiden, zu fördern, zu erziehen und ihm eine Ausbildung zu verschaffen. Für den Fall, dass die Eltern diese Pflichten gegenüber dem Kind vernachlässigen, hat die Schule eine Beobachtungsaufgabe. Sie kann nur selbst eingreifen, wenn die Pflichtvernachlässigung direkt die Schule (Schulpflicht, Hausaufgaben) betreffen (§ 76 VSG). Ist das Wohl einer Schülerin oder eines Schülers im Sinne von Art. 307 ZGB gefährdet, informiert die Schulpflege die für Kindesschutzmassnahmen zuständige Behörde (§ 51 VSG).
Die Schule wiederum hat ihren Bildungsauftrag durch die Gestaltung des Unterrichts zu erfüllen, ohne dass die Eltern dazu etwas zu sagen hätten. Auch bei Personalentscheidungen ist eine Mitwirkung ausgeschlossen. Hingegen besteht ein Mitbestimmungsrecht der Eltern bei Schullaufbahnentscheiden und ein Elternbesuchsrecht. Eine gewisse Überschneidung der Aufgabenbereiche besteht in der Erziehung, wobei das Schwergewicht bei den Eltern liegt und die Schule die Erziehung in der Familie zu ergänzen hat. Beide Seiten sind zur Zusammenarbeit und zur gegenseitigen Information verpflichtet.
Die Bereiche der Zusammenarbeit – Zuständigkeiten
Die gesetzlichen Bestimmungen im Wortlaut
Art. 301 ZGB Im Allgemeinen
Die Eltern leiten im Blick auf das Wohl des Kindes seine Pflege und Erziehung und treffen unter Vorbehalt seiner eigenen Handlungsfähigkeit die nötigen Entscheidungen. Der Elternteil, der das Kind betreut, kann allein entscheiden, wenn: 1. Die Angelegenheit alltäglich oder dringlich ist; 2. Der andere Elternteil nicht mit vernünftigem Aufwand zu erreichen ist. Das Kind schuldet den Eltern Gehorsam; die Eltern gewähren dem Kind die seiner Reife entsprechende Freiheit der Lebensgestaltung und nehmen in wichtigen Angelegenheiten, soweit tunlich, auf seine Meinung Rücksicht. Das Kind darf ohne Einwilligung der Eltern die häusliche Gemeinschaft nicht verlassen; es darf ihnen auch nicht widerrechtlich entzogen werden. Die Eltern geben dem Kind den Vornamen.
Art. 302 ZGB Erziehung
Die Eltern haben das Kind ihren Verhältnissen entsprechend zu erziehen und seine körperliche, geistige und sittliche Entfaltung zu fördern und zu schützen. Sie haben dem Kind, insbesondere auch dem körperlich oder geistig gebrechlichen, eine angemessene, seinen Fähigkeiten und Neigungen soweit möglich entsprechende allgemeine und berufliche Ausbildung zu verschaffen. Zu diesem Zweck sollen sie in geeigneter Weise mit der Schule, und wo es die Umstände erfordern, mit der öffentlichen und gemeinnützigen Jugendhilfe zusammenarbeiten.
Art. 303 ZGB Religiöse Erziehung
Über die religiöse Erziehung verfügen die Eltern. Ein Vertrag, der diese Befugnis beschränkt, ist ungültig. Hat ein Kind das 16. Altersjahr zurückgelegt, so entscheidet es selbstständig über sein religiöses Bekenntnis.
Volksschulgesetz
§ 2 Erziehungs- und Bildungsaufgaben
1 Die Volksschule ergänzt die Erziehung in der Familie. Schulbehörden, Lehrkräfte, Eltern und bei Bedarf die zuständigen Organe der Jugendhilfe arbeiten zusammen.
§ 54. Zusammenarbeit und Information
1 Schulbehörden, Lehrpersonen und Eltern arbeiten im Rahmen ihrer Verantwortlichkeiten zusammen.
2 Die Eltern werden regelmässig über das Verhalten und die Leistungen ihrer Kinder informiert. Sie informieren ihrerseits die Lehrpersonen oder die Schulleitung über das Verhalten ihrer Kinder und über Ereignisse in deren Umfeld, soweit dies für die Schule von Bedeutung ist.
§ 55. Mitwirkung im Allgemeinen
Das Organisationsstatut gewährleistet und regelt die Mitwirkung der Eltern. Bei Personalentscheidungen und methodisch- didaktischen Entscheidungen ist die Mitwirkung ausgeschlossen.
§ 56. Individuelle Mitwirkung
1 Die Eltern wirken bei wichtigen Beschlüssen mit, die ihr Kind individuell betreffen. Sie nehmen an vorbereitenden Gesprächen teil.
2 Die Eltern sowie die Mütter und Väter, denen die elterliche Sorge nicht zusteht, können den Unterricht ihrer Kinder besuchen, soweit der Schulbetrieb dadurch nicht beeinträchtigt wird.
3 In besonderen Fällen kann die Schulleitung oder die Schulpflege den Besuch einzelner Elternveranstaltungen obligatorisch erklären.
§ 57. Elternpflichten
Die Eltern und Dritte, denen eine Schülerin oder ein Schüler anvertraut ist, sind für die Erziehung sowie den regelmässigen Schulbesuch, die Erfüllung der Schulpflicht und der damit verbundenen Pflichten verantwortlich.
§ 57 a
2 Bei Eltern, die ihren Elternpflichten gemäss § 57 nicht oder ungenügend nachkommen, kann die Schulpflege den Besuch eines Elternbildungskurses anordnen.
§ 76. Strafbestimmungen
Wer vorsätzlich gegen die §§ 56, 57 und 58 dieses Gesetzes verstösst, kann auf Antrag der Schulpflege mit Busse bis zu 5000 Franken bestraft werden.
Weitere Bestimmungen
- §§ 59–66 Volksschulverordnung (VSV)
- Lehrplan der Volksschule, Rahmenbedingungen, Kapitel «Zusammenarbeit Schule – Eltern», Homepage Volksschulamt (www.vsa.zh.ch> Schulbetrieb & Unterricht > Unterrichtsbereiche, Fächer und Lehrpläne)
- Organisationsstatut der Schule: Regelung der allgemeinen Elternmitwirkung in der einzelnen Schule (§ 55 VSG)
Für Mitglieder der Schulpflege und der Schulleitungen: Für eine konstruktive Zusammenarbeit braucht es eine positive Haltung und Bereitschaft von beiden Seiten. Die rechtlichen Bestimmungen sind in diesem Prozess nicht das Wichtigste, aber deren Kenntnis eine solide Basis, die ausufernde Diskussionen und Leerläufe verhindern kann. Lesen Sie deshalb die Bestimmungen der Volksschulgesetzgebung über die Eltern und das nachfolgende Kapitel sorgfältig durch. Sorgen Sie dafür, dass auch die Eltern die Vorschriften und ihre Rechte und Pflichten kennen.
Weiterführende Informationen
Bildungsdirektion: Umsetzung Volksschulgesetz: Handreichung Zusammenarbeit, Mitwirkung und Partizipation in der Schule, Zürich, 2006
Website Kanton Zürich > Eltern, Schülerinnen und Schüler > Elternmitwirkung