Aufgaben der Schulpflege
Kommunikation in Krisen
Krisen treten überraschend auf und stellen eine Schule vor grosse Herausforderungen. Oft entscheidet das Handeln in den ersten Stunden darüber, wie gut eine Krise gemeistert werden kann. Je besser Sie auf eine mögliche Krise vorbereitet sind, desto schneller, effizienter und professioneller können Sie auf die Situation reagieren. Insbesondere gilt das auch für die Kommunikation: Je mehr Sie unter Druck geraten, desto schwieriger wird eine der Situation angemessene interne und externe Kommunikation. Es lohnt sich deshalb, sich in «ruhigen Zeiten» gut auf mögliche Krisensituationen vorzubereiten.
Die wichtigsten Schritte im Krisenfall
Sich selber fassen: eigene Emotionalität abklingen lassen und unter Kontrolle bringen.
Sachverhalt klären. Direkte Nachfrage bei Betroffenen und Beteiligten:
- Was ist passiert? Wann? Wo? Wie? Warum?
- Informationen nach Wertigkeit einteilen (gesicherte/mehrfach bestätigte Information, Vermutung, Gerücht).
- Unterscheiden zwischen Tatsachen und Wertungen/Einschätzungen.
Informations-Kataster erstellen:
- Wer ist beteiligt?
- Wer hat jetzt welche Interessen im Zusammenhang mit der öffentlichen Information?
- Wer hat Anrecht auf Informationen? In welcher Reihenfolge und Priorität?
Zuständigkeiten und Randbedingungen klären:
- Wer muss/soll/kann in den Informationsprozess einbezogen werden?
- Dritteinflüsse klären (Bildungsdirektion, Untersuchungsbehörden, Drittpersonen, z.B. Anwälte von beteiligten Parteien); rechtliche Klärungen (Amtsgeheimnis, Persönlichkeitsschutz).
Sprachregelung:
- Schriftliche Zusammenfassung des Geschehens.
- Vorbereitung auf den öffentlichen Auftritt (falls Zeit vorhanden: Trockenübung mit allen denkbaren unangenehmen Fragen).
Kommunikationsplan:
- Zeitlicher Ablauf der Informationen, Priorität der Anspruchsgruppen festlegen (zuerst die direkt Betroffenen, dann erst die Medien). Immer daran denken: Sie haben noch andere «Kundschaft» als die Medien: Lehrerschaft (wenn zeitlich möglich inklusive abwesender), andere interne Mitarbeiter (Mitarbeiter in anderen Schulhäusern, Telefonistin, Sekretariat, Hauswart), direkt Betroffene (Eltern!), andere Behörden; weitere?
- Mittel wählen: Pressekonferenz (bei grosser Tragweite, wenn Fragen zu erwarten sind, wenn das Thema kontrovers ist), schriftliche Unterlagen, Anlaufstelle für Rückfragen, eigene Medien (Zirkular/evtl. Handverteilung durch Gemeindepersonal, Internet).
Nachbearbeitung: hinterher immer versuchen, aus dem Geschehen zu lernen.
«Debriefing»-Sitzung:
- Was war gut?
- Was müssen wir verbessern?
- Wo können wir nachträglich noch eingreifen?
Das Krisenkonzept
Über die Notwendigkeit und die Vorteile, gut auf eine Krise vorbereitet zu sein müssen hier keine weiteren Worte mehr fallen. Bei der Erstellung bzw. einer periodischen Überarbeitung eines Krisenkonzepts sollten folgende Fragen im Vordergrund stehen:
- Wer zeichnet Verantwortlich für das Krisenkonzept?
- Auf welche Krisen können/wollen wir vorbereitet sein?
- Welche Ressourcen können wir intern zur Verfügung stellen, welche externe Unterstützung brauchen wir?
- Wer gehört mit welchen Aufgaben und Kompetenzen zu unserem Krisenteam?
- Welche Formen/Inhalte sind wichtig für welche Gruppen an unsere Schule?
- Wie sorgen wir für Aktualität und notwendige Ergänzungen des Konzepts?
- Wie erhalten wir unser Konzept am Leben?
- ...
Inhaltlich sollten folgende Themen bearbeitet werden:
- Wie lassen sich Krisen möglichst früh erkennen (Sensibilisierung)?
- Zuständigkeiten, Kompetenzen.
- Definition von Abläufen (Alarmierung, Kommunikation intern/extern, Handlungsanweisungen, etc.).
- spezifische Krisen und entsprechende Abläufe (Brand, Amok, Unfall, Suizidalität, sexuelle Übergriffe etc.).
- zur Verfügung stehende Hilfsmittel und deren an die Situation angepasste Verwendung (Notfall-App, Meldeschemas, Musterbriefe ⇒ nicht ausformuliert! Mustermedienmitteilungen ⇒ nicht ausformuliert!, Anweisungen, Adressen etc.).
- externe Fachstellen, Unterstützung, Vernetzung.
- Wie erhalten wir das Krisenbewusstsein/die Krisenbereitschaft?
- ...
Die beste Vorbereitung auf Krisen: Planen ... und üben, üben, üben!
Das Problem aus der Sicht der Behörden
- Überraschungseffekt: Krisen kommen grundsätzlich immer «im dümmsten Augenblick».
- Unklare Lage: Was ist wirklich passiert?
- Emotionen: Wir sind selbst erschüttert, traurig, fassungslos, ratlos, verzweifelt. Für persönlich Betroffene gilt hier sinngemäss die Ausstandsregel.
- Unordnung und Hektik: Die Forderungen und Ansprüche der verschiedensten Beteiligten (und vieler wichtigtuerischer Unbeteiligter) kommen gebieterisch, aggressiv, unstrukturiert, aufgeregt, unübersichtlich daher. Widersprüchliche Anforderungen sind die Regel.
- Druck: Sobald Medien im Spiel sind, kommt Zeitdruck ins Geschehen. Tagesaktuelle Abschlusszeiten (16/17 Uhr) diktieren den Fahrplan. Oft verstehen es Interessen- und Anspruchsgruppen, Beteiligte, Betroffene usw., die Medien für sich einzuspannen und zusätzlichen Druck auf die Behörde aufzubauen.
- Angst: Mache ich etwas falsch, und erst noch unter den Augen der Öffentlichkeit? Angst vor dem Ungewohnten (z.B. Medienauftritt), vor Rechtsfolgen, Oberbehörden usw.
Das Problem aus der Sicht der Medien
- Zeitdruck, Formatdruck: Jedes Medium muss seine Geschichte haben, die meisten tagesaktuell, und zwar in einem bestimmten, meist begrenzten Umfang (z.B. 100 Druckzeilen, anderthalb Minuten, illustriert, mit Bildern, Sequenzen, Originaltönen). Dass man die Geschichte hat, ist zunächst wichtiger als die Qualität.
- Konkurrenzdruck ist die Erklärung für diese zynisch anmutende, aber realistische Einschätzung. Gerade Behörden dürfen nicht den Fehler machen, das Medienbild des 19. Jahrhunderts in das 21. zu übertragen. Damals dienten Medien noch zur Volkserziehung und zur politischen Meinungsbildung. Heute sind sie in erster Linie ein Geschäft.
- Personal- und Qualitätsprobleme: Durchschnittliche Schweizer Regionalmedien haben eher zu wenig als genügend Personal, eher zu wenig als ausreichend Zeit zum Recherchieren, Fragen, Reden, Zuhören. Die erstbeste Antwort wird nicht selten für die beste genommen. Redaktionelle Mitarbeitende sind häufig jung und unerfahren, denn Journalisten beginnen ihre Karrieren in der Regel bei Lokal- und Regionalmedien.
Lösungsansätze aus Sicht der Behördenmitglieder
Haltung:
- Transparenz ist nicht nur Pflicht, sondern entspricht politischer Klugheit.
- Lieber offensiv als defensiv informieren, d.h. agieren statt reagieren.
- Im Zweifel immer informieren – sonst tun es andere, und wir verlieren die Initiative.
- Medien sind unsere Partner/Kunden und nicht unsere Feinde.
Verhalten:
- Offene, freundliche, sachliche Tonalität.
- Alle Medien gleich behandeln (Bundesgerichts-Entscheid: Ausschlüsse irgendwelcher Art sind unzulässig).
- Nie die Ruhe oder gar die Beherrschung verlieren.
Die Regeln kennen:
- Medien haben immer Termin- und Qualitätsdruck, also: Wenn wir ihnen die Arbeit erleichtern, erhöhen wir die Chance, unsere Botschaft an den Endverbraucher zu bringen. Daraus folgt: aussagekräftige Unterlagen, Dialogmöglichkeiten, Bilder ermöglichen, Gesprächspartner vermitteln.
- Auch Journalisten kennen «Beisshemmungen»: Wer ihnen die Arbeit erleichtert und freundlich zu ihnen ist, wird weniger angegriffen als jemand, der mauert und schikaniert.
- Mut zur Lücke haben: nie «no comment» sagen. Unvollständige Informationen sind besser als gar keine. Aber deklarieren Sie Lücken und Nichtwissen; liefern Sie das Fehlende nach Möglichkeit nach.
- Vertreten Sie Ihre Interessen ebenso resolut, wie es viele Medienvertreter tun. Lassen Sie sich nicht alles bieten; verschaffen Sie sich Respekt.
- Zeitdruck des Mediums ist noch kein Grund für Kompromisse.
- Grenzen setzen, wo nötig (Persönlichkeitsrechte!).
Überprüfen Sie das Informationskonzept, ob es noch den neuen gesetzlichen Erfordernissen entspricht und auch in Krisensituationen dient, bevor Sie es brauchen.